E-Mail
E-Mail

Möchten Sie uns schreiben?

Telefon
Telefon

Möchten Sie mit uns sprechen?
02233 93245-0

"Wünsche klar im Vordergrund"

Vorlesen

Benedikt Merten, Geschäftsführer des Betreuungsvereins Lebenshilfe NRW e.V.
Benedikt Merten, Geschäftsführer des Betreuungsvereins Lebenshilfe NRW e.V.
© Betreuungsverein Lebenshilfe NRW

Der Deutsche Bundestag hat im Frühjahr 2021 das Betreuungsrecht reformiert. Hiervon sind zahlreiche Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfalen betroffen. Im Interview erklärt Benedikt Merten, Geschäftsführer des Betreuungsvereins Lebenshilfe NRW, warum eine Reform notwendig war und was sich für Menschen mit Behinderung ändert. Übrigens: Jeder kann jederzeit in die Situation kommen, in der eine Betreuung notwendig wird.

Lebenshilfe journal: Warum war eine Reform des Betreuungsrechts von 1992 überhaupt notwendig?

Merten: Das aktuelle Betreuungsrecht schränkt die Rechte der betroffenen Personen zu stark ein, vor allem was die Selbstbestimmung angeht. Insofern hatte die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen von 2009 (UN BRK) der Bundesrepublik einiges an Hausaufgaben mitgegeben. Das neue Betreuungsrecht führt in Zukunft für die betreute Person zu einer stärkeren Selbstbestimmung und stellt den Unterstützungsgedanken viel mehr in den Vordergrund. Damit verbessert sich die Rechtsstellung der betroffenen Menschen deutlich. Hervorzuheben ist, dass viele Inhalte der Reform vorab u.a. mit Selbstvertretern besprochen wurden und die Reform insgesamt eine breite Zustimmung gefunden hat. Wir haben es ab dem 1. Januar 2023 mit einem deutlich modernerem Recht und mit der umfassendsten Reform des Betreuungsrechts der vergangenen 30 Jahre zu tun.

Lebenshilfe journal: Was ändert das neue Betreuungsrecht für Menschen mit Behinderung konkret?

Merten: Eine Betreuung ist ein wesentlicher Einschnitt im Leben eines Menschen und seines Umfelds. Daher hat das Gericht im Vorfeld einer Betreuung intensiv zu prüfen, ob diese erforderlich ist oder ob nicht andere Hilfen zur Verfügung stehen, die weniger einschneidend sind. Wird eine Betreuung eingerichtet, rücken zukünftig die Wünsche der Menschen mit Behinderung als Maßstab für das Betreuerhandeln klar in den Vordergrund, d.h., äußert der betroffene Mensch einen Wunsch, ist dieser nur in äußerst engen Grenzen und unter strengen Voraussetzungen abzulehnen. Hervorzuheben ist auch die Unterstützungsfunktion der rechtlichen Betreuer. Der betroffene Mensch soll noch stärker als bislang beraten und begleitet werden.

Lebenshilfe journal: Können die betreuten Menschen bei der Auswahl der Betreuungsperson mitentscheiden?

Merten: Ja, sie haben ein umfassendes Recht, bei der Auswahl mitzuentscheiden. So kann der betroffene Mensch sich eine Person wünschen und auch jemanden ablehnen, diesem Wunsch hat das Gericht zu entsprechen. Auch ein Betreuungsverein kann als Betreuer bestellt werden, wenn die betreute Person dies wünscht.

Lebenshilfe journal: Wird die Betreuung durch Angehörige, Eltern oder Geschwister schwieriger?

Merten: Nein. Es empfiehlt sich jedoch, sich einem Betreuungsverein anzuschließen. Hier erhalten alle ehrenamtlichen Betreuer die notwendige Unterstützung und Beratung. Dies wird in letzter Zeit verstärkt nachgefragt. Ehrenamtler, die nicht in einer familiären Beziehung zum betreuten Menschen stehen, sollen sich nach dem Willen des Gesetzgebers zukünftig einem anerkannten Betreuungsverein anschließen. Gerne stehen die Betreuungsvereine allen für Fragen rund um dieses Thema zur Verfügung.

Betreuungsverein Lebenshilfe NRW e.V.

Der Betreuungsverein Lebenshilfe NRW e.V. wurde 1992 gegründet. Ziel des Vereins ist es, Menschen eine familien-, gemeinde- oder einrichtungsnahe Betreuung zu ermöglichen – unabhängig von der Schwere ihrer Behinderung bzw. Beeinträchtigung. Die rechtliche Betreuung wird in Absprache und im Einvernehmen mit dem betreuten Menschen geführt, sowie im Sinne von Eltern und Angehörigen, die sich über die Zukunft ihrer Kinder oder Familienmitglieder Gedanken machen. Zu den Aufgaben zählt auch die Gewinnung, Beratung und Fortbildung ehrenamtlicher Betreuer. In NRW werden zurzeit neun Büros betrieben, die im Rheinland, im Ruhrgebiet und am Niederrhein liegen.

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt Cookies und externe Komponenten, welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen