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Bröckelnde Standards:

Novelle der Landesregierung schwächt barrierefreies Bauen

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Gemeinsame Erklärung zu Änderungen der BauO 2018 NRW in Bezug auf barrierefreies Bauen

Mehrere Behindertenverbände fordern gemeinsam von der Landesregierung ein Bekenntnis zu barrierefreiem Bauen in NRW. Die vorgelegte Novelle des NRW-Bauministeriums bedeute hingegen Verschlechterung.
Mehrere Behindertenverbände fordern gemeinsam von der Landesregierung ein Bekenntnis zu barrierefreiem Bauen in NRW. Die vorgelegte Novelle des NRW-Bauministeriums bedeute hingegen Verschlechterung.
© Andrzej Rembowski / Pixabay

Gemeinsam fordern wir von der Landesregierung endlich ein klares Bekenntnis zur Barrierefreiheit im Wohnungsbau. Zu viele ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen in NRW leben in Wohnungen, die nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Beim Bau der erforderlichen Wohnungen hinkt NRW hinterher. Die Landesregierung muss den barrierefreien Wohnungsbau daher im Eiltempo und mit Entschlossenheit vorantreiben, um den Bedarf zumindest perspektivisch zu decken. Die geplante Novelle der Landesbauordnung führt stattdessen zu einer Absenkung der Standards.

Laut der geplanten Novellierung der Landesbauordnung 2018 NRW sollen Wohnungen zukünftig nur noch „im erforderlichen Umfang“ barrierefrei sein. Die Einfügung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs würde zu erheblicher Unsicherheit führen, da völlig unklar ist, was mit dem Begriff gemeint ist. Wohl auch deshalb haben weder die Musterbauordnung noch die Bauordnungen anderer Bundesländer diese Formulierung in Bezug auf barrierefreie Wohnungen eingeführt. Nordrhein-Westfalen würde damit einen Sonderweg beschreiten, der vor allem zu Lasten von älteren und behinderten Menschen ginge.

Ein Absenken des Standards auf einen „erforderlichen Umfang“ wäre eine offenkundige Abkehr vom Ziel des barrierefreien Wohnungsbaus auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt. Es ist für uns nicht hinnehmbar, dass zukünftig nur noch „wesentliche Barrieren“ im Wohnungsbau vermieden werden sollen. Eine Abstufung zwischen wesentlichen und weniger wesentlichen Barrieren würde der Lebensrealität von behinderten Menschen nicht gerecht werden. Vielmehr wäre damit eine weitere Verschlechterung bei der Wohnungssuche für all diejenigen, die barrierefreie Wohnungen benötigen, verbunden. Denn was für den einen gar keine oder nur eine kleine, leicht zu überwindende Barriere ist, stellt für den nächsten eine unüberwindliche Barriere dar. Die sowieso schon bestehenden Wettbewerbsnachteile wohnungssuchender Menschen mit Behinderungen auf einem angespannten Wohnungsmarkt würden sich noch weiter verschärfen und der Mangel an barrierefreiem Wohnraum endgültig zu einem individuellen Problem umgedeutet, für dessen Lösung der Staat nicht verantwortlich ist.

Nach der aktuellen Wohnungsmarktprognose des Landes NRW müssten bis 2040 672.320 „altersgerechte“ Wohnungen neu entstehen, ob durch Neubau oder Bestandsmaßnahmen. Gemessen am gesamten prognostizierten Neubaubedarf von knapp über einer Millionen Wohnungen wären dies zwei Drittel aller Wohnungen. Anders ausgedrückt: von 2018 bis 2040 müsste die Mehrheit aller neu errichteten Wohnungen barrierefrei sein. Die Realität hingegen sieht anders aus. Die Ergebnisse des Mikrozensus 2018 zeigen, dass seit 2011 nur 18 Prozent aller Wohnungen in dieser Art und Weise errichtet wurden. Wenn man dann auch noch beachtet, dass die Wohnungsmarktprognose die Bedarfe von Menschen mit Sinnesbehinderung, die gerade unter älteren Menschen sehr verbreitet sind, völlig außer Acht lässt, wird deutlich, wie hoch der Bedarf an barrierefreien Wohnungen in NRW wirklich ist - für ältere Menschen ebenso wie für behinderte Männer und Frauen, mit oder ohne Familie. Die Erkenntnisse der Wohnungsmarktprognose 2040 müssen daher als dringender Appell für eine Kehrtwende beim barrierefreien Wohnungsbau gewertet werden.

Wir fordern die Landesregierung auf, in der Landesbauordnung die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu setzen, dass zukünftig Wohnungen im Neubau¹ generell barrierefrei gemäß der Definition von Barrierefreiheit gebaut werden.²

Gemeinsame Erklärung verschiedener Verbände in NRW zur Landesbauordung.

Ansprechpartner*innen:

Dr. Michael Spörke
(SoVD NRW)
0211 38603-13
msprksvd-nrwd

Carsten Ohm
(VdK NRW)
0211 38412-41
crstnhmvdkd

Susanne Tyll
(LAG Wohnberatung NRW)
02151 46158
mlssnntylld

¹ in Gebäuden der Gebäudeklassen 3 bis 5 (vgl. § 49 Absatz 1 BauO NRW).
² Gemeinsame Erklärung von: Arbeiterwohlfahrt NRW, Blinden- und Sehbehinderten Verband Nordrhein e.V. (BSVN), Blinden- und Sehbehindertenverein Westfalen e.V. (BSVW), Caritas in NRW, Caritasverband für die Diözese Münster e. V., Der Paritätische NRW, Deutscher Mieterbund NRW e.V., DGB Bezirk NRW, Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., LAG Selbsthilfe NRW e.V , LAG Wohnberatung NRW, Landesverband Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben NRW e.V., Landesseniorenvertretung NRW e. V., LBR NRW, Lebenshilfe NRW e.V., MOBILE "- Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V., Neues Wohnen im Alter e.V. - auch als Regionalstelle des Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V., PRO RETINA Deutschland e.V., Sozialverband Deutschland Landesverband NRW, Sozialverband VdK NRW e.V., WohnBund-Beratung NRW GmbH.

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