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Interkulturelle Kompetenz in der Heilerziehungspflege

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14. Jul 2015

Lebenshilfe NRW Berufskolleg in Hürth startet einen europäischen Schwerpunkt im Ausbildungsgang Heilerziehungspflege. Gefördert wird dieser durch Mittel der Europäischen Union.

Von Silke Reuter

Wozu brauchen Heilerziehungspfleger*innen eine europäische Profilbildung?, mag sich manch einer denken. Doch bei genauerem Hinsehen wird schnell klar warum: Im beruflichen Alltag brauchen Heilerziehungspfleger/innen (HEP) in der Arbeit im multikulturellen Team und mit Menschen mit Behinderung und deren Familien, die einen Migrationshintergrund haben, zunehmend interkulturelle Kompetenzen und Fachkenntnisse im Bereich kultursensibler Pflege. Aus diesem Grund haben die angehenden Heilerziehungspfleger/innen seit dem Schuljahr 2013/14 am Lebenshilfe NRW Berufskolleg gGmbH in Hürth die Möglichkeit im Wahlpflichtbereich den Schwerpunkt "HEP in Europa - grenzenlos interkulturell" zu wählen.

Die angehenden HEPs vergleichen hier sowohl landeskundliche (Gesellschaft, Geschichte, Politik, Sozialsystem, kulturelle Besonderheiten) als auch berufskundliche Themen (Lebenswelt von Menschen mit Behinderung, Berufsverständnis und Ausbildung in der Heilerziehungspflege). Es finden Exkursionen wie beispielsweise Ausstellungsbesuche ("Typisch deutsch?" in Köln) oder Einrichtungsbesuche in den Niederlanden statt. Die Studierenden sammeln in interkulturellen Trainings, Spielen und Übungen persönliche Erkenntnisse zu Vorurteilen und die Bedeutung von kulturellen Unterschieden für die Kommunikation. Auch die Interkulturalität in der Heilerziehungspflege wie zum Beispiel Grundlagen zu den Themen Migration und Behinderung, spezifische Biographiearbeit, kultursensible Pflege sind Teil der Schwerpunktarbeit.

Wichtiger Bestandteil des europäischen Schwerpunkts ist ein zweiwöchiges Praktikum im zweiten Ausbildungsjahr der HEPs in einer Einrichtung der Behindertenhilfe (Wohnen, Werkstatt, Freizeit). Das Praktikum wird finanziell unterstützt durch die Europäische Kommission im Programm Erasmus+ „Mobilität von Lernenden und Bildungspersonal im Bereich Berufsbildung“. Zielländer sind Schweden, Ungarn, Italien, Österreich, Großbritannien oder die Niederlande. Die Teilnehmer/innen erhalten einen Europass-Mobilität nach dem Praktikum und am Ende ihrer Ausbildung ein Zusatz-Zertifikat über die interkulturelle Profilbildung, in dem die erworbenen Kompetenzen bescheinigt werden. Die Auslandspraktika werden in der Schule mit den Lehrkräften organisatorisch und inhaltlich vor- und nachbereitet. Die Sprache des Ziellandes wird erlernt, indem sogenannte "Türöffner" und einfache alltagssprachliche Situationen beherrscht werden. Die nötigen Englischkenntnisse erwerben die HEPs durch fachbezogenen Englischunterricht und in bilingualen Phasen des Schwerpunktunterrichts. "Wir kochen gemeinsam landestypische Gerichte und beschäftigen uns mit typischen 'Fettnäpfchen'. sagt Silke Reuter, Lehrerin am Berufskolleg. Nach dem Praktikum präsentieren die HEPs die gewonnenen Informationen und Erfahrungen zum Leben von Menschen mit Behinderung, zur Ausbildung im Bereich Behindertenarbeit, zur Behindertenpolitik und zur Umsetzung der Inklusion in dem Zielland der Schulgemeinschaft.

Die Auseinandersetzung mit europäischen Themen und Berufserfahrung im Partnerland eröffnet den Studierenden eine persönliche und berufliche Chance. Das zentrale Thema des Projekts ist neben der Erweiterung der beruflichen Kompetenzen die Auseinandersetzung mit der Implementation der UN-Behindertenrechtskonvention in den Partnerländern im Vergleich zum Stand der Entwicklung in Deutschland. Durch den Vergleich europäischer Länder in Bezug auf die Implementation der Inklusion von Menschen mit Behinderung mit der in Deutschland sollen eigene Einstellungen und Haltungen reflektiert werden.

Ein besonderes Anliegen des Lebenshilfe NRW Berufskollegs ist die Stärkung des europäischen Gedankens in Schule und Beruf. Deshalb ist das Thema Europa nicht nur im Schwerpunkt präsent an unserer Schule. Für alle Auszubildenden der Heilerziehungspflege finden im ersten Halbjahr der Ausbildung Einrichtungsbesuche in den Niederlanden statt. Lehrkräfte nehmen an europäischen Fortbildungen teil. Wir pflegen gute Partnerschaften zum Verein "Special Friends" in Österreich und der Einrichtung "Op de Bies" in den Niederlanden. Es finden gegenseitige Besuche und gemeinsame Projekte statt, wie z. B. die Teilnahme am "Tag der Begegnung" und eine inklusive Schneesportwoche mit den österreichischen oder der Besuch der Lebenshilfewerkstatt in Aachen mit den niederländischen Partnern. Die Schule ist zertifiziert als ECDL-Prüfungszentrum (European Computer Driving License). Und nicht zuletzt arbeiten wir aktiv im Arbeitskreis Europa der Bundesarbeitsgemeinschaft Heilerziehungspflege mit.

Menschen mit Behinderungen und anderen Hilfebedarfen sind mehr als andere auf ein gesellschaftliches Umfeld angewiesen, dass Toleranz und Wertschätzung gegenüber Andersartigkeiten verinnerlicht hat. Ebenso sind die Fähigkeit zur Integration und Inklusion wesentliche Personalkompetenzen, über das von uns ausgebildetes Betreuungspersonal verfügen muss. Selbstverständlich gehören oben dargestellte Werte und Personalkompetenzen nicht nur zur Arbeit mit Menschen mit Unterstützungsbedarf, sondern es sind grundlegende Kompetenzen des menschlichen Seins.

Über die fachlichen und berufsbezogenen Kompetenzen hinaus entwickeln die Projektteilnehmenden durch die Kenntnis europäischer Inhalte sowie den Erwerb interkultureller und fremdsprachlicher Kompetenzen wichtiges soziales Kapital. Sie stärken ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstvertrauen. Alle Beteiligten gewinnen somit wesentliche Vorteile auf dem Arbeitsmarkt und erwerben die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme und Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse, insbesondere im Hinblick auf die Inklusion.

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